Laura Schawelka
Disclosure
Sep 7—Oct 5 2024
Mit Disclosure zeigt Laura Schawelka ihre fünfte Einzelausstellung in der FILIALE.
Den Ausgangspunkt bildet eine 12-teilige Foto-Serie mit dokumentarischen Bildern, die 2014 auf der Glamourcon in Long Beach, Kalifornien entstanden sind.
Die Fotografien gewähren Einblicke in die 57. und zugleich letzte Ausgabe der Fan-Convention für Glamour- und Playboymodels. Die Bildarchive der Models, die oftmals schon Jahre bis Jahrzehnte vorher entstanden waren, gewinnen durch die Nachfrage der oft männlichen Besucher der Convention eine neue, erweiterte Bedeutung: Mit der Serie lässt sich nachvollziehen, wie sich die Figur des Playmates aus den 1960er Jahren, auf der Glamourcon 2014 zu einem so fassettenreichen wie kommerzialisierten Kult weiterentwickelt hat. Das Interesse der Künstlerin liegt in der Fetischisierung fotografischer Transaktionen, bei denen die Frauen zwar nicht direkt ihren Körper, aber zumindest (physische) Abbilder verkaufen. Dabei wird die Rhetorik von Bildern als Ausdruck von vergangenen Momenten, durch die Darstellung unterschiedlicher Zeitpunkte in der Serie, umgedeutet.
Mit Disclosure wird so einerseits die Komplizenschaft der Fotografie in der Konsumierbarmachung von weiblichen Körpern aufgedeckt. Andererseits stellt sich die Frage, ob hier nicht auch eine Art von Befreiung stattfindet. Die durch Vervielfältigung erzeugten Fetisch-Objekte scheinen von den inzwischen veränderten Körpern und dem unbekannten Alltag der Models abgelöst. Sie werden als Kopien oder Partial-Objekte mit rein persönlichem Nostalgie-Wert verkauft.
Neben der Foto-Serie zeigt Schawelka außerdem auf PVC gedruckte Ausschnitte von Cartier-Produktfotos sowie einen Ausschnitt vom ersten Playboy-Centerfold, auf dem ‚natürlich‘ Marylin Monroe zu sehen war. Durch die fassadenhafte Installation und eine vielfache Vergrößerung der zunächst analogen und später digitalisierten Werbe- und Magazinaufnahmen, treten fehlerhafte Stellen - Staub und andere Überbleibsel - in den Vordergrund. Die zufälligen Details machen Bruchstellen in den perfekten Oberflächen des ‚Advertisings‘ erkennbar und die Banalität der Produktionsprozesse wird freigelegt.
Dieser Blick auf verdrängte Elemente und auf die eher un-glamourösen Kontexte des Glamours wird in Schawelkas Video-Arbeit noch verstärkt. Mit Hilfe von Stop-Motion- und Montage-Techniken, animiert die Künstlerin ein über mehrere Jahre generiertes Bilderarchiv von Spiegelkugeln. Weil sich diese Kugeln, ohne Retouche, nie wirklich isoliert abbilden lassen, stellen die Aufnahmen immer auch das Umfeld und die Arbeit der Fotograf:innen mit aus. Die Reflektion auf die Produktionsbedingungen in Fotografie und visueller Kultur ist in allen drei Arbeiten Schawelkas präsent. Disclosure unterstreicht damit, wie der Fetisch-Charakter der Objekte von der Projektion kontext-abhängiger Wertzuschreibungen bedingt wird.
Laura Schawelka studierte bei Tobias Rehberger an der Städelschule und absolvierte ihren Master of Fine Arts am California Institute of the Arts in Valencia bei Los Angeles. Neben Residencies in Paris und Wien wurde sie 2019 mit dem Q21 viennacontemporary Preis ausgezeichnet. 2021 erhielt sie das Recherchestipendium des Berliner Senats, sowie 2022 das Artist-in-Residence CCA Andratx Stipendium. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
Jana Dormann